
Mit Schreiben vom 21.07.25 wurde der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Loreley, Mike Weiland, von der Deutschen Bahn (DB) informiert, dass nach Planungen und Untersuchungen, die mindestens bis ins Jahr 2018 zurückreichen, nun feststehe, dass insgesamt 600 Meter zusätzliche Schallschutzwände im Bereich der Wellmicher Straße und der Bahnhofstraße in St. Goarshausen, die an verschiedenen Stellen Lücken schließen sollten, und den betroffenen Bürgern teils bereits im Jahr 2019 schriftlich zugesagt waren, nun doch nicht gebaut würden, weil sie nur mit nicht vertretbarem Aufwand gebaut und damit unwirtschaftlich seien. Zudem verlief die Kommunikation seitens der DB zu dieser Entscheidung katastrophal. „Wie hier mit der Gesundheit und dem Schutz sowie der Lebensqualität der Menschen umgegangen wird, ist bedauerlicherweise erneut ein Paradebeispiel dafür, wie sich der Großkonzern in Wahrheit für Leib und Leben der Menschen interessiert“, zeigt sich Mike Weiland auch nach einem jetzt stattgefundenen Ortstermin am Bahnhof in St. Goarshausen entsetzt.
Doch der Reihe nach: Bereits im Jahr 2019 war betroffenen Anliegern, auf deren Grund und Boden teils die Lärmschutzwände installiert werden sollten, schriftlich der Bau zugesagt worden. Nun haben laut Schreiben vom 21.07.25 Boden- und Baugrunduntersuchungen ergeben, dass ab einer Tiefe von rd. 6 Metern massiver Fels ansteht. „Das ist im Mittelrheintal wahrlich keine Überraschung“, so Bürgermeister Mike Weiland jetzt gegenüber Matthias Wistuba, dem Vertreter der DB InfraGO AG, der jetzt die Hiobsbotschaft vor Ort versuchte, plausibel zu erläutern. Ergänzende Untersuchungen, statische Modelle, Tragwerksberechnungen und weitere Planungen hätten nun ergeben, dass eine Umsetzung des vorgesehenen Lärmschutzes in St. Goarshausen ausgeschlossen werden müsse, weil hierfür u. a. erhebliche Eingriffe in Bahnanlagen und Anlagen Dritter sowie nicht akzeptable technisch bedingte Mehrkosten notwendig seien. Auf die Frage von Bürgermeister Mike Weiland hin, welche Alternativen denn anstelle dessen in den vergangenen Jahren gleich mit geprüft worden seien, um den Menschen anstelle einer bloßen Absage zum Schutze ihrer Gesundheit und Lebensqualität nun auch eine Antwort präsentieren zu können, stellte sich heraus: keine! Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Loreley will dies nicht hinnehmen und brachte zugleich einige Vorschläge ins Spiel. „Prüfen Sie umgehend, ob auch Niedriglärmschutzwände, Schalldämmmatten unter dem Gleis, vielleicht modernere Schienenstegdämpfer oder sonstige Möglichkeiten bestehen, die wenigstens einige wahrnehmbare Dezibel Lärmminimierung bringen würden“, so Weilands klarer Appell an Wistuba. Und Mike Weiland ergänzt: „Es ist für mich unvorstellbar, wie man über Jahre hinweg eine Planung verfolgen kann, die sich am Ende als unwirtschaftlich herausstellt und dann das gesamte Projekt einstampft, anstatt hier wenigstens zeitgleich eine andere Lösung zu präsentieren, von der Reihenfolge der Kommunikation einmal ganz abgesehen.“ Einerseits werde den Menschen der Hochleistungskorridor 2026 als Allheilmittel zur Verbesserung der Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit des Personennahverkehrs verkauft, um Beruhigungspillen zu verteilen. Andererseits müsse die DB zugeben, dass das größte Interesse an der Erhöhung der Kapazitäten für den Güterverkehr liege, specke aber am Lärmschutz immer weiter ab.
Genau damit legte der Bürgermeister den Finger bei der DB in eine weitere Wunde. Zwar wurde Mike Weiland mit Schreiben vom 21.07.25 über das Aus der Schallschutzwände informiert und darin wurde angekündigt, dass es am 23.07.25 einen Ortstermin gebe, an dem der Bahnprojektleiter die Hintergründe genauer darlegen würde. Die Einladung zu diesem Termin hätten lt. DB jedoch nur diejenigen erhalten, deren Privatflächen für den Bau der Lärmschutzwand hätten in Anspruch genommen werden sollen. Insofern war hier die Verwaltung nicht eingebunden und der Bürgermeister der Verbandsgemeinde konnte anlässlich seines Urlaubs zu diesem Zeitpunkt nicht mehr reagieren. Ihm wurde im Schreiben zusätzlich ein kurzfristiger Ortstermin noch während seines Urlaubs und schließlich für den 07.08.25 angeboten, den er ermöglichte und gleich auch den kompletten Stadtrat darüber informierte. Denn einerseits sieht Weiland die DB in der Pflicht, die Stadt in solche Dinge eng und zeitnah einzubinden, jedoch ging aus keiner der vorliegenden Informationen hervor, ob dies bereits geschehen sei. Erst auf Nachfrage stellte sich heraus, dass die DB die Stadt zwar am 23.06.25 per Mail informiert hatte, jedoch auch bereits über einen Subunternehmer der DB das Aus der Maßnahmen in der Bevölkerung gelandet war. „Das ist absolut unprofessionell und darf einem so großen Unternehmen nicht passieren“, so Mike Weiland. Für dieses Kommunikationschaos hat sich die DB zwischenzeitlich bereits entschuldigt.

Wie geht es nun weiter?
Mike Weiland hat sich nach Bekanntwerden der Information bereits an die beiden Bundes- und Landesverkehrsminister Schnieder (CDU) und Schmitt (FDP), an den Konzernbevollmächtigten der DB für Rheinland-Pfalz, Dr. Klaus Vornhusen, Staatssekretär Hauer (Grüne) und einzelne Mitglieder des Beirats Leiseres Mittelrheintal gewandt, weil dort nach Auskunft des DB-Projektleiters die Entscheidungen für die kommenden Jahre getroffen werden. Das freiwillige Lärmschutzprogramm der DB läuft 2028 aus. Aufgrund der ausgebliebenen Prüfung der Alternativmaßnahmen wird zeitnah im Zuge des Hochleistungskorridors 2026 keine Alternative gebaut werden können.
Der ehemalige Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) hat im Jahr 2017 für die Strecke Hof-Regensburg in seinem Heimatbundesland Bayern, an der für das Jahr 2024 insgesamt nur 75 verkehrende Güterzüge täglich prognostiziert werden, die Einzelfallentscheidung getroffen, vollen Lärmschutz und nicht bloß freiwilligen Lärmschutz bauen zu lassen. Die aktuellen Prognosen für das Mittelrheintal, wo aktuell bloß freiwilliger Lärmschutz umgesetzt wird, bringen ganz andere alarmierende Zahlen zu Tage: Nördlich von Koblenz, linksrheinisch, 2019 IST-Wert 116 (Prognose 2040: 112), rechtsrheinisch 2019 IST-Wert 180 (Prognose 2040: 259). Für den Bereich südlich von Koblenz gibt es nur noch einen rechts- und linksrheinisch kombinierten Wert mit einem Anstieg von 2019 (251) auf 349 (!) im Jahr 2040. „Da man davon ausgehen kann, dass linksrheinisch weiterhin der Schwerpunkt des Personenverkehrs liegt, muss man damit rechnen, dass sich für die rechte Rheinseite eine erhebliche Mehrbelastung ergeben wird“, so die düstere Aussicht des Bürgermeisters. Seine klare Forderung formuliert er gegenüber allen Verantwortlichen: „Es ist höchste Eisenbahn, die Lücken der Lärmschutzwände entlang von Wohngebieten zu schließen, anstatt an Friedhöfen, wie am Beispiel Oberlahnstein, oder auf freier Strecke, wie am Beispiel zwischen Filsen und Kamp-Bornhofen, sinnlos Geld zu verbraten und wenig ansehnliche Lärmschutzwände ins Welterbe-Tal zu setzen, dass zur BUGA29 kein Tourist mehr aus dem Zug das schöne Rheintal überhaupt sehen kann. Die Kommunen müssen an allen Ecken und Enden den Welterbe-Behörden gerecht werden, nur die DB kann sich über solche Vorgaben hinwegsetzen und das Tal verschandeln – sowohl mit sinnlosen Lärmschutzwänden als auch mit dem Bahnlärm insgesamt“, so Mike Weiland weiter. Außerdem bedürfe es mit Blick auf das Sondervermögen des Bundes klarer Zusagen für die Alternativtrasse für den Güterverkehr zum Mittelrheintal, auch wenn diese immer zu als unwirtschaftlich abgestempelt würde, so der Bürgermeister abschließend.